Zwei
Uhr achtzehn
Ich
bin aufgewacht vom Schmerz.
Er
kommt ganz langsam, ich kann ihn nicht aufhalten.
Zuerst
verstärken sich die eh immer vorhandenen Gesichtsschmerzen und die
Schmerzen auf den Handrücken. Sie werden intensiver,
besitzergreifender.
Dann
kommt der Schmerz aus den Beckenknochen, schiebt sich über die
Hüften die Oberschenkel entlang.
Jetzt
ist der Moment gekommen, an dem ich in meinem Kopf meinen Körper
zerlege.
Die
Beine müssen weg. Ich schraube sie ab und schiebe sie zur Seite, weg
von mir.
Schade,
es ist schon zu spät, der Schmerz ist im Brustkorb.
Er
schiebt sich vom Brustbein (wann kam er dort hin?) nach unten an
jedem einzelnen Rippenbogen beidseitig und synchron entlang.
Gleichzeitig plätschert aus dem Nackenbereich der Schmerz in die
Oberarme.
Ich
schnappe nach Luft, es bohrt und wühlt unter / hinter dem Brustkorb.
Ich
horche in mich hinein: ... ist es doch etwas anderes ?
Herzinfarkt ? Magen?
Nein
: diese Schmerzen sind gute Bekannte.
Die
Fußsohlen, sie brennen im Liegen, ich will nicht auftreten müssen.
Die
Oberschenkel liegen neben mir und werden mit einem Messer gequält.
Meine Handrücken werden mit gleichbleibendem Druck gequetscht.
Das Gesicht wird von einer Maske zusammen gedrückt. Nebenbei
schwellen meine Tränensäcke an, ich kann sie spüren.
Langsam
verstärkt sich der Druck in der Magengegend.
Mir
wird schlecht, ich muss mich zwingen , aufzustehen. Ich schleppe mich
ins Bad und irgendwann ist der Magen leer, die genommenen
Schmerzmittel sind in der Keramik verschwunden.
Zurück
ins Bett, ich sehe nichts mehr. Die Augenmigräne schiebt große
Prismen in Regenbogenfarben durch mein Gesichtsfeld. Aufstehen und
Espresso machen?
Unmöglich,
ich schaffe es nicht. Die Kopfhaut prickelt. Schlaganfall?
Quatsch,
ich reiße mich zusammen, zerkaue schnell Aspirin/ Coffein Tabletten.
Warten.
Nichts
geht mehr.
Aushalten.
Der
Sturm draußen wird immer stärker, er bläht sich auf, die Schiefer
klappern.
Er
fährt genauso zwischen meine einzelnen Hautschichten, zieht sie
zusammen, lässt sie schrumpfen.
Auf
dem Brustbein werden die Hautschichten mit einer Nagelfeile malträtiert, die
Schulterblätter werden mit einem Bohrer ganz langsam angebohrt, die
Beine bin ich ja los, aber die Hüftknochen werden angenagt, das
Gesicht löst sich im Schmerz auf.
Ich
schließe die Augen. Weil ich weiß, dass es vorbei geht, ergebe
ich mich.
Irgendwann
schlafe ich vor Erschöpfung ein.
Stunden
später sortiere ich mich und meine abgeschraubten Körperteile.
Ich
fühle mich, als wäre ich der Mittelpunkt einer Massenschlägerei
gewesen.
Ich
bin schlapp und müde.
Stolz, es wieder überstanden zu haben.
Stolz, es wieder überstanden zu haben.
Ich
bin nicht in der Klapse gelandet und habe mir nichts angetan.
Tränen
füllen die Augen: Ich bin nicht krank, ich habe
Fibromyalgie.